Der arbiträre Raum ist die räumliche Artikulation des poststrukturalistisch feministischen Subjekts. Dieses Subjekt ist meta-physisch räumlich, es ist bewegt und durch Körper und Stimme konstituiert. Ausgehend einer kritischen Relektüre der beiden feministisch aufbegehrenden Texte, Das Lachen der Medusa und Writing as a Nomadic Subject, entfacht sich eine Betrachtung mitunter um die Beteiligung des (weiblichen) Körpers an (weiblicher) Textarbeit, ergo Sprache. Die beiden feministischen Philosophinnen Rosi Braidottis und Hélène Cixous theoretisieren Subjektivierung als Prozess des Werdens. Ihrer These zentral ist die Beteiligung des Körpers als Wissensapparat und die Entfaltung der Sprache als kreatives Feld. Braidotti und Cixous referenzieren dabei allegorisch argumentierende Raumbegriffe, unteranderem in Anlehnung an Gilles Deleuze undFélix Guattari. Den beiden poststrukturalistischen Denkern gehen diverse materialistische Theoretiker_innen voraus, die den Begriff des Raums nicht allegorisch zur Illustration ihrer Argumentation installieren, sondern Raum, als meta-physisches Konstrukt, materiell manifestiert sehen. In der Logik der Letzteren suche ich mit den surrealistischen Mitteln Rem Koolhaas und Salvador Dalís, oszillierend zwischen Research und Practice, nach einer materialistischen Manifestation dieses post-strukturalistisch, feministischen Subjekts als arbiträrer Raum.
The arbitrary space is the spatial articulation of the post-structuralist feminist subject. This subject is spatially meta-physical. It is constituted by body and voice. Based on a critical re-reading of the two seminal feminist texts, namely The Laugh of Medusa and Writing as a Nomadic Subject, I consider the (female) body being constitutive to (female) textual work, thus language. The two influential feminist philosophers Rosi Braidottis and Hélène Cixous theorize subjectivity as an ongoing process of becoming. Their theses emphasize the active role of the body as a source of embodied knowledge and language liberated from its structuralist constraints. They draw on allegories of space, influenced by post-structuralists Gilles Deleuze and Félix Guattari. Antecedent to these are materialist theorists who perceive space not allegorically, but as metaphysics potentially materialized. In the logic of the latter and by Rem Koolhaas and Salvador Dalís methodic means, I am seeking a materialist manifestation of the post-structuralist feminist subject as arbitrary space.
- 180 Seiten
Technische Universität Wien
Akademie der bildenden Künste Wien
Eidgenössisch Technische Hochschule Zürich
Teachers:
- Wilfried Kuehn Univ. Prof. Dott.arch.,
- Vera Bühlmann Univ.Prof.in Dr.in phil.
- Felicitas Thun-Hohenstein Ao.Univ.-Prof. Doz. Mag. Dr.
- Josephine, Jo Baan
Ich beschließe Subjektivität ist räumlich und arbiträr.
Ich beschließe Körper ist Subjektivität ist räumlich und arbiträr
1 Barad, Karen: On Touching the Stranger Within – The Alterity that therefor I Am, 2021, https://www.youtube.com/watch?v=l9OQjStWVGg&t=34s
2 Dudenredaktion, Duden online: Alterität, https://www.duden.de/rechtschreibung/Alteritaet
3 Dudenredaktion, Duden online: Arbitrarität, https://www.duden.de/suchen/dudenonline/Arbitrarität
4 Rimbaud, Arthur: Seher-Briefe, 1871
5 Performativ steht hier nicht im Zeichen Judith Butlers, obwohl auch deren Performativität innerhalb dieser Arbeit besondere Aufwendung findet. Performativität meint laut Duden: „Hervorbringung neuer Wirklichkeit 1durch kulturelle Vorgänge und Erscheinungen; Gebrauch: Kulturwissenschaften“. Prof. Philip Ursprung, Kunst- und Architekturhistoriker, etabliert, nebst Anderen, die Performative Kunstgeschichte als Ansatz zur Begegnung, Analyse und Interpretation von künstlerischen Werken. Performativität scheint darin die kunstgeschichtliche Rezeption, durch die Stimme der Rezipient_innen zu aktivieren. Die Rezipient_innen nehmen aktiv, performativ an der Gestaltwerdung von Kunstwerken teil, indem sie diesen empirisch begegnen und so eigene Geschichten in Gang setzen. – vgl. Ursprung, Philip: Die Kunst der Gegenwart – 1960 bis heute, 1988
6 siehe meta-Physik des Raumes in poststrukturalistischer Philosophie und ein erster Ausblick auf die feministische Theorie
Schimmernder Forschungshorizont
Der arbiträre Raum,
räumlich, relationale Artikulation
des poststrukturalistisch, feministischen Subjekts,
durch Körper und Sprache konstituiert
– Begegnungen feministischer Theorie, Rosi Braidotti und Hélène Cixous
„When two hands touch, there is a sensuality of the flesh, an exchange of warmth, the feeling of pressure of presence, a proximity of otherness that brings the other nearly as close as oneself, perhaps closer. And if two hands belong to one person, might this not enliven an uncanny sense of the otherness of the self, a literal holding oneself at a distance, in the sensation of contact, the greeting of the stranger within. So much happens in a touch, an infinity of others, other beings, other spaces, other times are aroused.“
“[…] hence self-touching is an encounter with the infinite alterity of the self.”1
Karen Barad, On Touching the Stranger Within – The Alterity that therefor I Am
Alterität
„Bedeutungen:
partielle interkulturelle Andersartigkeit, Verschiedenheit
[Gebrauch:] Völkerkunde
Identität stiftende Verschiedenheit zweier aufeinander bezogener, sich bedingender Identitäten
[Gebrauch:] Philosophie, Psychologie
Synonyme zu Alterität:
Divergenz, Unterschied, Verschiedenheit“2
Arbitrarität
„Bedeutung:
Beliebigkeit des sprachlichen Zeichens im Hinblick auf die Zusammengehörigkeit
von Signifikant
und Signifikat“3
„Je est un autre“4 Arthur Rimbaud, Lettres du voyant
Forschungsfragen
Ist Körper an Sprache konstitutiv beteiligt?
Ist Körper an Subjektivität konstitutiv beteiligt?
Sind Körper und Sprache konstitutiv beteiligt an Subjektivität und Subjektwerdung?
Ist Sprache an Raum beteiligt?
Ist Körper an Raum beteiligt?
– allegorisch oder architektonisch?
Inwieweit ist ein solcher allegorischer Raum feministisch theoretisiert?
Und Inwieweit ist dieser allegorische Raum auch architektonisch artikuliert?
Im Wesen einer poststrukturalistischen Sprache spreche ich inkonsistent.
Im Wesen einer poststrukturalistisch, feministischen Theorie ist mein Körper kontingent.
Ist wandelnde Subjektivität und Subjektwerdung räumlich artikuliert,
oder poststrukturalistisch bloß räumlich allegorisch argumentiert?
Sichtbare, architektonisch artikulierte Räume,
ausgehend des sich wandelnden Subjekts des Werdens,
durch Körper und Sprache konstituiert.
Absichtserklärung
Ich theoretisiere einen arbiträrer Raum, als räumliche Artikulation des poststrukturalistisch, feministischen Subjekts, durch Körper und Sprache konstituiert.
Dazu sehe ich mir Hélène Cixous, Das Lachen der Medusa, in Bezug zu Körper und Sprache an.
Dazu sehe ich mir Rosi Braidotti, Writing as a Normadic Subject, in Bezug zu Sprache und Körper an.
Beide Stimmen begegnen einander und kreisen um eine gemeinsame Mitte
– Motive dieses von mir theoretisierten Raumbegriffs.
Ich beschließe Subjekt und Raum sind arbiträr.
Einleitung
Meine Arbeit bewegt sich als artistic Research oszillierend zwischen Research und Practice. Sie theoretisiert einen poststrukturalistisch, feministisch argumentierten Raumbetriff (Research) und artikuliert diesen in videographisch dokumentierte Performances (Practise). Sie mag sich zwischen den Feldern der Literatur, Philosophie, Architektur und Performancekunst bewegen und geht dabei sehr subjektiv, eklektizistisch und performativ5 vor.
Die beiden feministischen Philosophinnen Rosi Braidottis und Hélène Cixous theoretisieren Subjektivierung, als maßgeblich durch Sprache und Körper konstituiert. Ihrer These – Subjektivität im Prozess des Werdens – zentral ist eine körperliche Beteiligung (Körper als intuitiver Wissens- und Erfahrungshorizont) und Aufdeckung der poststrukturalistischen Identität von Sprache (Sprache, nicht länger im Zeichen von Logos argumentierend, sondern sich vollumfänglich in ihrer Arbitrarität ausdrückend). Braidotti und Cixous referenzieren dabei allegorisch argumentierende Raumbegriffe, unteranderem in Anlehnung an Deleuze und Guattari (Deterritorialization, Nomadismus und Rhizom).6 Den beiden poststrukturalistischen Denkern gehen diverse materialistische Theoretiker_innen voraus, die den Begriff des Raums nicht allegorisch zur Illustration ihrer Argumentation installieren, sondern Raum, als meta-physisches Konstrukt, materiell manifestiert sehen. Wo einstweilen diese Philosoph_innen Raum am Ende ihrer theoretischen Argumentation sahen, stelle ich Raum voraus. Ähnlich meinen Vordenker_innen, die Raum zugleich von Gesellschaft ausgehend als auch diese prägend betrachten, treffe ich die Annahme, dass Raum zugleich vom Subjekt ausgeht und dieses prägend ist. Gesellschaft ist bewegt, – genauso ist es mein poststrukuralistisch, feministisches Subjekt. Beweglichkeit steht im Zentrum meiner Theorie des arbiträren Raums, der durch Körper und Sprache konstituiert ist. Ich hangle mich entlang verschiedener Raum- und poststrukturalistisch, feministischer Theorien, die einzelne Perlen meiner Argumentation sind. Ich knüpfe sie zu einem Collier, das das künstlerische Finale meiner hier vorliegenden Arbeit ist.
Ich beschließe Subjektivität ist räumlich und arbiträr.
Ich beschließe Körper ist Subjektivität ist räumlich und arbiträr.
Diesen arbiträren Raum begreife ich als meinen Körper kontinuierlich umgebend. Mein Körper, ergo mein Subjekt formen diesen prozessual veränderlichen Raum, entsprechend der Bewegung meines Körpers, ergo der Bewegung meines Subjektwerdens. Körper ist in Cixous und Braidotti, und in Bezugnahme zu Deleuze und Guattari, als Konstitutionsfaktor von bewegter, allegorisch räumlich artikulierter Subjektwerdung, ergo Subjektivität beteiligt.
Ich beschließe Sprache ist Subjektivität ist räumlich und arbiträr.
Sprache begleitet diesen Prozess wesentlich, als da sich diese Theorie vor dem Hintergrund der poststrukturalistischen Theorie abspielt, die Sprache in ihrer konsensualen Sinn- und Normbildung zu destabilisieren sucht, in dem sie die Arbitrarität zwischen Bezeichnetem und Bezeichnendem zu einem Feld kreativer Entwicklung und Subjektwerdung erklärt.
Arbiträrer Raum – ein Raumbegriff, der abseits des euklidisch, architektonischen Raums steht. Ein Raum, der sich jenseits von Begrenzungslinien, als Linie selbst bewegt, als verzweigtes Geflecht, das über und über fortführt, von mir selbst ausgehend ausschwärmt in die Komplexität dessen, was mich zu umgeben scheint.
Arbiträrer Raum – die Überlagerung zweier Koordinatensysteme meta-physischer Räume – des das-Subjekt-umgebenden Raumes und des vom-Subjekt-ausgehenden Raumes.
In der Linie die ich zeichne,
zeige ich ein Bild von mir.
Ich, aufrührerisch, Ungestüm.
Entlang dieser Linie tänzelt mein Subjekt,
In einer tänzerischen Figur, bewegte Form.